Die Geburt des ersten Kindes verändert alles, wie es so schön heißt. Das gilt nicht zuletzt für die Sexualität der Eltern, die in dieser besonderen Situation mitunter kaum mehr stattfindet und sich das Paar entfremdet. Doch was können Eltern tun, um dennoch ein Paar zu bleibe, um das Liebesleben und Baby zu vereinen?
Eine Geburt verändert das Liebesleben
In der Regel verheilen die meisten Geburtsverletzungen im Wochenbett. Rein körperlich können Frauen also etwa 6 bis 8 Wochen nach der Entbindung wieder Geschlechtsverkehr haben, ohne dass ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht. In der Realität befindet sich das Paar jedoch nach der Geburt des ersten Kindes in einem enormen emotionalen Umwälzungsprozess, der von allerhand Gefühlen geprägt ist – nur nicht von Lust. Neben Freude und Dankbarkeit herrschen Unsicherheiten im Umgang mit den Neugeborenen, Schlafmangel und allgemeine Erschöpfung vor. Spätestens sobald die erste Euphorie verflogen ist, stellen Paare mit Ernüchterung fest, dass sie einander „fremd“ geworden sind. Dabei wird schnell klar, dass der Versuch, den Zustand vor dem Baby wiederherzustellen, zum Scheitern verurteilt ist. Vielmehr besteht die Herausforderung darin, die Paarbeziehung neu zu gestalten, das Liebesleben und Baby zu vereinen. Damit dies gelingen kann, sollten Sie sich zuerst bewusst machen, inwiefern das Erlebnis der Geburt nicht nur Sie selbst sondern auch den Partner verändert hat.
Was geht in IHR vor?
Frauen sehen sich nach der Geburt mit einem völlig neuen Körpergefühl konfrontiert. Selbst wenn keine geburtsbedingten Beschwerden mehr bestehen, hat sich die Figur zumindest vorübergehend grundlegend verändert. Das Gewicht vor der Geburt ist noch nicht wieder erreicht, möglicherweise sieht man Schwangerschaftsstreifen, Venenzeichnungen erscheinen prominenter, die Haut am Bauch ist überdehnt. Dem Partner diesen „neuen“ Körper zu zeigen, in dem sie sich selbst unwohl fühlen, kann für Frauen mit großer Scham verbunden sein. Nicht selten tritt in der frühen Stillzeit bei Emotionen reflexartig Muttermilch aus, was Frauen vor dem Partner peinlich sein kann. Auch die Erinnerungen an den Geburtsschmerz und die Angst vor einer erneuten, zu frühen Schwangerschaft können dazu führen, dass sich kein Lustgefühl einstellen will. Zudem fordert das Baby auch bei gegebener Arbeitsteilung den Großteil der mütterlichen Energie und Zuwendung, sodass für den „Luxus“ Liebesleben schlichtweg keine Ressourcen übrig bleiben. Das Liebesleben und Baby scheinen sehr weit auseinander. Nicht zuletzt führt die immense hormonelle Umstellung in den ersten Wochen nach der Geburt zu einer gewissen Dünnhäutigkeit bzw. Gereiztheit, was Spannungen in der Beziehung begünstigt.
Was geht in IHM vor?
Auch bei Männern geht das Hineinwachsen in die Vaterrolle mit einem verminderten Lustempfinden einher. Immerhin werden sie durch das Neugeborene gewissermaßen „vom Thron gestoßen“, zumal dieses die Partnerin sowohl körperlich als auch emotional komplett vereinnahmt. Auch er muss sich mit der neuen Situation Liebesleben und Baby neu finden. Annäherungsversuche werden meist abgewehrt, was den Partner insgeheim kränkt. Wiederholte Zurückweisungen können schließlich dazu führen, dass sich plötzlich keine Lust oder Erregung mehr einstellen will, selbst wenn die Frau wieder für Geschlechtsverkehr offen wäre. Die daraus resultierenden Probleme reichen von Erektionsschwierigkeiten über ausbleibende Orgasmen bis hin zu insgesamt weniger Befriedigung. Darüber hinaus kann auch die Angst, der Partnerin wehzutun, Hemmungen hervorrufen. Erinnerungen an die Geburt können das Lustempfinden letztlich ebenso dämpfen, wie das ständige Beisein des Babys, welches das Geschehen im Ehebett möglicherweise vom Beistellbettchen aus beobachtet.
Für Väter ist der Artikel sehr zu empfehlen: Verschiedene Papas beschreiben im Artikel Sex nach der Geburt wie sich alles verändert hat.
Liebesleben und Baby: Vorsorge ist besser als Nachsorge
Statistisch gesehen werden die meisten Scheidungen nach der Geburt des ersten Kindes eingereicht. Dieser Umstand verdeutlicht nicht nur die Zerreißprobe, auf die Beziehungen durch dieses eigentlich wunderschöne Lebensereignis gestellt werden, sondern auch die große Bedeutung entsprechender Vorsorge: Bereits während der Schwangerschaft – idealerweise mit der Unterstützung eines Paartherapeuten – über Ängste und Erwartungen nach der Geburt zu sprechen kann dabei helfen, den Spagat zwischen Eltern werden und ein Paar bleiben erfolgreich zu meistern. So wird das Liebesleben trotz Baby erhalten. Geduld und Empathie gehören dabei zu den Grund-voraussetzungen für einen gelungenen Neustart der Beziehung als Elternpaar. Konflikte und Spannungen sind angesichts der Gesamtsituation unvermeidbar. Es geht vielmehr darum, diese wertschätzend zu lösen anstatt sie zu verdrängen oder mit durch die Gegend fliegendem Geschirr auszutragen.
Babyfrei beginnt im Kopf
Haben sich beide Partner allmählich an die neuen Lebensumstände gewöhnt und kann der Nachwuchs ruhigen Gewissens stundenweise abgegeben werden, ist es essentiell, sich endlich wieder regelmäßig Zeit für einander zu nehmen. Im Vordergrund steht dabei vor allem das gedankliche Loslassen vom Baby und die bewusste Hinwendung zum Partner und dem Liebesleben resp. neu zu schaffende Romantik. Wie diese babyfreie Zeit konkret gestaltet wird und ob sie nach Plan oder spontan verläuft, ist dabei so individuell wie jede Paarbeziehung. Vom gemütlichen Fernsehabend mit Pizza und Chips, einem gemeinsamen Bad oder dem längst überfälligen Candle-Light-Dinner ist alles erlaubt, was potenziell Lust auf mehr machen kann. Babyfrei können zudem auch kurze Momente im Alltag sein, wie etwa ein überraschender Kuss „einfach so“, eine beiläufige Berührung, eine erotische Textnachricht oder ein Blick mit einem vielsagenden Lächeln. Das Reinrutschen in die Alltags-Baby-Routine ist Gift für die Beziehung und das Liebesleben. Bewusstes Ausbrechen aus dem Alltag verhilft der Beziehung weiter zu wachsen und zu vertiefen, wie zum Beispiel kleine Überraschungen, wie es am Anfang der Beziehung “normal” war.
Liebesleben und Baby: Den Partner neu entdecken
Die Geburt des ersten Kindes mag die Beziehung der Eltern in eine Krise stürzen, aber sie bietet auch die Chance, den „fremd“ gewordenen Partner neu kennenzulernen. Damit einher geht nicht zuletzt, die gemeinsame Sexualität neu zu entdecken und diese in entsprechende Rituale für das Liebesleben mit kurzem Baby-frei einzubinden. Zum Beispiel lassen sich Kita- und Arbeitszeiten vielleicht so aufeinander abstimmen, dass eine gemeinsame Stunde Couple-Time jeden Morgen geschaffen werden kann. Füreinander sexuell interessant zu bleiben bedeutet übrigens auch, den Partner nicht unbewusst auf eine platonische Elternrolle zu reduzieren. Das heißt konkret: Während ihr Kind Sie eines Tages mit „Mama“ und „Papa“ ansprechen wird, sollten Sie dies tunlichst vermeiden und einander stattdessen konsequent beim Vor- oder Kosenamen nennen. Ein kleiner psychologischer Trick mit großer Wirkung!
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