Oft einfach nicht so einfach
Besonders beim ersten Kind stehen Eltern wenige Stunden nach Geburt vor einer der ersten Herausforderungen, nämlich dem Wickeln. Aber auch Mehrfacheltern kennen den anfangs ein wenig ungelenken Umgang mit dem neuen Baby, denn man kennt sich eben noch nicht. Worauf kommt es also beim richtigen Wickeln an? Wir verraten es gerne.
Ein kleiner Trost gleich vorweg: Auch beim Wickeln macht die Übung den Meister. Selbst Eltern, die Windeln scheinbar so mühelos wechseln, wie die eigenen Socken, müssen sich ihre Souveränität stets neu mit ihrem Baby erarbeiten, denn mit den Kleidergrößen wechseln auch die Bedürfnisse und das Wickeln ist hier keine Ausnahme. Neben den richtigen Handgriffen kommt es auch auf eine angemessene Interaktion mit dem Baby an sowie auf die individuelle Gestaltung des Rituals an sich. Bestimmt finden Sie im Folgenden einige nützliche Tipps und Anregungen. Dennoch dürfen sie beim Wickeln vor allem auf eines vertrauen, nämlich Ihre Intuition. Letztlich ist sie es, die Eltern und Babys ihren ganz individuellen Weg weist.
Tipp 1: Der optimale Wickelplatz
Eines gleich vorweg: Es muss nicht immer eine Wickelkommode sein, selbst wenn diese für viele der Goldstandard ist. So mag das Wickeln auf der Kommode für viele Eltern eine angenehme Position sein, in der sie sowohl die nötigen Handgriffe rückenschonend erledigen als auch mit dem Baby in Kontakt sein können. Es bleibt aber selbst bei größter Vorsicht ein gewisses Risiko bestehen, dass es zu Unfällen durch Stürze kommt. Immerhin sind bereits Neugeborene zu plötzlichen, schleudernden Bewegungen fähig, wodurch sie in einer unaufmerksamen Sekunde vom Wickeltisch fallen können. Die wichtigste Regel bei der Nutzung eines Wickeltischs ist also, das Baby NIEMALS unbeaufsichtigt zu lassen.
Alternativ spricht auch nichts dagegen, nur eine Wickelauflage zu benutzen und die Windeln entsprechend auf dem Boden sitzend zu wechseln. Zwar gilt natürlich auch hier, dem Baby volle Aufmerksamkeit zu schenken und Gegenstände mit Verschluckungs- oder Verletzungsrisiko außer Reichweite zu räumen. Wenigstens die Sturzgefahr ist bei dieser Methode aber erstmal gebannt.
Generell sollte der Wickelplatz sich nicht in Zugluft oder direkter Sonneneinstrahlung befinden. Bei Früh- und Neugeborenen kann außerdem die Nutzung einer Wärmelampe erwogen werden, weil die Gefahr, selbst bei Raumtemperatur zu unterkühlen, bei den Kleinsten am größten ist. Bei etwas älteren Babys und Kleinkindern kann zudem ein wenig Ablenkung nicht schaden, weswegen ein Mobile oder das Lieblingsspielzeug gerne in das Wickelritual einbezogen werden können.
Tipp 2: Die Basics stets griffbereit
Egal, wo letztlich die Windeln gewechselt werden, ein komplett ausgestatteter Wickelplatz ist das A und O für eine entspannte Atmosphäre. Nichts ist beispielsweise nerviger, als der Griff ins Leere bei dem Vorhaben, ein frisches Feuchttuch aus der Box zu ziehen. Derartige Unterbrechungen bringen nicht nur übermüdete Eltern aus dem Konzept, sondern strapazieren auch den Geduldsfaden der Babys. Griffbereit sein sollten daher:
Windeln:
Egal ob aus Stoff oder Einweg, auf die passende Größe kommt es hier an. Als Faustregel gilt, dass zwischen dem Saum und dem Bäuchlein ein ins zwei Finger passen sollten. Für Neugeborene gibt es zudem Modelle mit Aussparung für den noch abheilenden Nabel. alternativ kann der Saum der Windel am Bauch einfach nach unten gefaltet werden.
Reinigungsutensilien:
Ein Waschlappen und eine Thermoskanne mit lauwarmem Wasser eignen sich ebenso wie Feuchttücher, um den Windelbereich zu säubern. Trocknen kann die Haut am besten an der Luft. Das Baby vor dem Anlegen der frischen Windel frei strampeln zu lassen bereitet ihm meist sichtlich Freude. Sollte es eher schnell gehen müssen, darf natürlich auch ein Handtuch zum Einsatz kommen. Vom Trockenföhnen des Windelbereichs wird dagegen dringend abgeraten! So kann zu heiße Luft zu Verbrennungen auf der Haut führen und plötzliches Wasserlassen während der Prozedur gar zu einem Stromschlag.
Cremes:
Sollte die Haut im Windelbereich gerötet und gereizt sein, empfehlen sich Wundschutzcremes, zu denen Hebammen gerne Auskunft geben. Bei Sorge um eine mögliche Pilzinfektion, die sich beispielsweise durch rote Punkte und Bläschen auszeichnet, sollte bei KinderärztInnen Rat nach der richtigen Heilsalbe eingeholt werden. Vorbeugend können Cremes mit Zinkgehalt benutzt werden. Generell gilt aber, dass viel nicht automatisch viel hilft. So sollte das Hauptaugenmerk eher auf das gründliche Trocknen des Windelbereichs statt aufs Eincremen gelegt werden.
Wechselkleidung:
Neugeborene verbrauchen bis zu 8 Windeln täglich, da geht schon mal was daneben. Kleidung, die rasch und unkompliziert gewechselt werden kann bewährt sich hier besonders, wie beispielsweise Wickelbodies oder Höschen mit Knöpfen am Schritt. Was jedoch nach dem Aufknöpfen über den Kopf ausgezogen werden muss, verteilt eventuell ausgetretene Malheurs über den Rücken oder gar bis in die Haare des Babys und ist deswegen eher nicht zu empfehlen.
Tipp 3: Handgriffe und Techniken
Beim Stichwort Wickeln denken die meisten an das Windelwechseln in Rückenlage, was sich bestimmt nicht zuletzt durch den intensiven Blickkontakt bewährt, den diese Position erlaubt. Zuerst wird die frische Windel komplett aufgefaltet und griffbereit neben das Baby gelegt. Dabei markiert das Ende mit den Kleb- oder Klettverschlüssen die Hinterseite der Windel und sollte demnach in Richtung des Köpfchens auf die Unterlage gelegt werden. Ein Mobile sollte nun bewegt werden oder ein Spielzeug gereicht, sodass für etwas Ablenkung gesorgt ist. Die alte Windel wird geöffnet. Nun kann mit der Vorderseite der alten Windel der Windelbereich durch Wischen von vorne nach hinten erstmal grob gereinigt werden. Anschließend wird die Vorderseite vorsichtig unter den Po des Babys geklappt, sodass dieser auf der sauberen Außenseite aufliegt. Anschließend kann die Rückseite der Windel unter dem Baby herausgezogen werden, indem man die eingeklappte Vorderseite einrollt. Alte Windel und Inhalt bilden nun eine Art „Paket“. Wird dieses nicht sofort durch die seitlich abstehenden Verschlüsse „versiegelt“, können ggf. noch Feuchttücher mit eingeschlagen werden und alles wird in einem entsorgt.
Nach dem Entfernen der alten Windel können ein feuchter Waschlappen oder Feuchttücher für die gründliche Reinigung zum Einsatz kommen. Dabei sollte stets sanft von vorne nach Hinten gewischt werden, um gerade bei Mädchen eine Verschleppung von Darmbakterien in den Genitalbereich zu behindern. Auch die Hautfalten um den Windelbereich sollten gründlich gereinigt werden. Bei Mädchen sollten die Schamlippen nicht auseinandergezogen werden, es reicht vorsichtiges Abtupfen. Bei Jungen ist es nicht notwendig, beim Reinigen die Vorhaut zurückzuschieben. Wann die Beweglichkeit für die gründliche Intimhygiene ausreichend ist, bestimmen KinderärztInnen und geben dann ebenso wie Hebammen nützliche Ratschläge zum genauen Vorgehen. Zum „Selbstschutz“ vor plötzlichem Wasserlassen sollte der Genitalbereich bei Jungen während des Wickelns übrigens stets mit einem Tuch oder der Windelvorderseite bedeckt sein
Ist der Windelbereich gesäubert, darf er entweder an der Luft trocknen oder es wird mit einem Handtuch nachgeholfen. Spätestens jetzt wird der Po des Babys angehoben, damit die Rückseite der frischen Windel untergeschoben werden kann. Beim Anheben sollte auf eine Schonung der Wirbelsäule geachtet werden. Dies gelingt am besten, indem der Elternteil mit der rechten Hand nach dem rechten Oberschenkel des Babys greift, während der linke Oberschenkel des Babys dem rechten Unterarm des Elternteils aufliegt. Nun kann der Po angehoben werden, ohne dass sich die Wirbelsäule zu stark krümmt. Bei Neigung zu Koliken verhindert diese Methode außerdem unangenehmen Druck auf den Bauch. Nach eigenem Ermessen können abschließend noch Wundschutzcremes zum Einsatz kommen. Die Vorderseite der Windel dann zwischen den Beinchen nach oben geklappt und die Verschlüsse angedrückt. Zu eng darf die Windel aber nicht verschlossen werden. Ein Finger sollte bequem zwischen das Bäuchlein und den Saum passen. Sollte dem so sein, ist das Werk vollbracht!
Tipp 4: Alternative Wickelpositionen
Das Wickeln in Bauchlage hat den Vorteil, besonders rückenschonend zu sein. Denn, anstatt den Po des Babys anheben zu müssen, wird es einfach an den Hüften gefasst und vorsichtig über die Seite auf den Bauch gedreht. Auch in dieser Position ist eine gründliche Reinigung des Windelbereichs möglich und das Baby kann fleißig seine Kopfhaltung trainieren. Die frische Windel wird dann neben das Baby gelegt und dieses dann erneut über die Seite auf die Windel gerollt. Das Verschließen funktioniert wie beim Wickeln in Rückenlage.
Für ältere Kinder empfiehlt sich das Wickeln im Stehen. Das Kleinkind kann sich dabei zum Beispiel an einem Stuhl oder dem Badewannenrand festhalten. Bodys können über der Schulter zugeknöpft werden, damit sie sauber bleiben. Die alte Windel sollte nach dem Abnehmen am besten offen auf den Boden gelegt werden, damit z.B. noch Feuchttücher darin mit entsorgt werden können. Um den Windelbereich gut reinigen zu können, sollte sich das Kind leicht nach vorne beugen. Nach dem Eincremen sollte die frische Windel komplett entfaltet auf einem Oberschenkel platziert werden mit der Rückseite zum Bauch des Elternteils. Das Kind wird nun hochgehoben und mittig auf den Oberschenkel bzw. die Windel gesetzt. Während die linke Hand die Vorderseite der Windel an den Bauch hält, klebt die rechte Hand den rechten Verschluss zu. Anschließend hält die rechte Hand die Windel in Position und die linke Hand verschließt die Windel links
Tipp 5: Achtsam Wickeln
Mit zunehmendem Alter beschreiben viele Eltern die Wickelsituation als „Kampf“. Dabei wirken Anekdoten über ein vergnügt glucksendes Kleinkind, das nackt „mittendrin“ davonläuft noch lustig, obwohl auch solche Szenen ins Gegenteil umschlagen können, wenn sie sich täglich mehrmals abspielen. Tatsächlich sollte es beim Wickeln aber nicht darum gehen, ständig gegen den Willen eines kleinen Menschen anzuarbeiten, sondern vielmehr darum, ihn oder sie in das Prozedere mit einzubeziehen.
Achtsames Wickeln beginnt mit der Wahrnehmung der kindlichen Signale. Manche Kinder zeigen z.B. durch eine Geste wie sich Hinhocken oder in den Schritt Greifen an, dass die ausscheiden. Manchmal verrät es auch einfach der Geruch. Anstatt das Kind dann unvermittelt aus seinem Spiel oder Tun zu reißen, um es wegzutragen und unkommentiert mit dem Wickeln zu beginnen, sollte das Vorhaben stets kommuniziert werden: „Komm, wir wechseln deine Windel.“ Es mag einen Moment dauern, bis das Baby bzw. Kleinkind die Botschaft versteht. Jedoch handelt es sich dabei um wertvoll investierte Zeit, denn sie erlaubt uns, mit dem Kind statt gegen es zu arbeiten. Auch beim Wickeln selbst sollten wir dem Kind nicht das Gefühl geben, es habe etwas „schmutzig“ gemacht oder dass das Windelwechseln uns ärgere oder ekle. Derartige Botschaften – egal, ob verbal oder nonverbal – können sich negativ auf den Selbstwert der Kleinen auswirken. Kinder brauchen unsere Wertschätzung und unseren Respekt – in jeder Situation. Die Kleinen aktiv ins Wickeln mit einzubeziehen verstärkt das Gefühl mit uns zusammenzuarbeiten. So können wir sie auffordern, die Verschlüsse zu öffnen oder uns ein Feuchttuch zu reichen und vielleicht auch selbst nochmal „nachzuwischen“. Generell sollten die einzelnen Arbeitsschritte kommentiert werden: „Jetzt cremen wir dich noch ein.“ Auf den ersten Blick dauert das Wickeln dadurch länger. Möglicherweise gewinnt man aber Zeit, weil das Windelwechseln ohne Festhalten und Hinterherlaufen funktioniert. Sollte das Wickeln bereits negativ besetzt sein, kann es helfen, die gesamte Situation neu zu gestalten, um so noch einmal von vorne zu beginnen – gemeinsam.