Der Großteil unseres Hausabfalls besteht aus Verpackung sprich Plastik. Wir haben uns gefragt, ob es auch ohne Plastik, sprich plastikfrei geht?
Nadine Schubert – Mutter, Journalistin, Buchautorin und Speaker – startete vor einigen Jahren das Experiment “Besser leben ohne Plastik”. Sie erzählte uns, wie das Leben ohne Plastik ist, wie sie die ganze Familie dazu gebracht hat und wo das Problem mit Plastik ist.
Liebe Frau Schubert. Was war für dich der prägende Moment oder Erlebnis, dich kritisch mit Plastik zu befassen?
Ich sah eine Reportage über Plastik im Fernsehen. Das war im Frühjahr 2013. Und ich war erschüttert über die Ausmaße, die unser Konsum angenommen hatte. Die Natur, die Ozeane sind voller Müll – unserem Müll! Dafür wollte ich nicht mehr verantwortlich sein. Und als ich dann noch hörte, dass sich die vielen Schadstoffe im Plastik – Weichmacher und Bisphenole – auf die Gesundheit auswirken, wusste ich: Es muss Schluss sein mit dem Plastik.
Wie lebt man plastikfrei? Wie muss ich mir das vorstellen? Sieht es bei euch zu Hause wie bei meiner Oma vor 50 Jahren aus mit Blechdosen, Glasflaschen und Emailbehältern?
Ein bisschen vielleicht. Aber im Großen und Ganzen leben wir ein normales Leben, in einem ganz normalen Haus und auch mit allen modernen Annehmlichkeiten. Plastik ist ja nicht schlecht. Es hat uns viel Gutes beschert und auch dazu geführt, dass etwa Autos leichter und Autofahren damit (etwas) umweltfreundlicher geworden ist. Deshalb verteufle ich Kunststoffe nicht. Mich stören einfach die Einwegverpackungen, die nach kurzem Gebrauch weggeworfen werden. Das muss nicht sein.
Wie hast du deinen Mann und Kinder davon überzeugen können, plastikfrei zu leben?
Ich habe meinem Mann erklärt, dass wir uns und den Kinder schaden, wenn wir weiterhin so viele in Plastik verpackte Lebensmittel essen. Und ich wollte unseren Müllberg schrumpfen sehen. Er war gleich dabei und setzt das auch in seinem Berufsalltag sehr gut um. Mein Sohn war acht und hat schon verstanden, was ich ihm vermitteln wollte. Solange ich ihm ab und zu eine Packung Frühstücksflocken gekauft habe, war auch er zufrieden. Aber auch die brauchen wir jetzt nicht mehr. Er liebt mein selbst gemachtes Knuspermüsli.
Welche Einschränkungen gibt es für euch dabei?
Ich sehe keinerlei Einschränkungen. Es fühlt sich nicht wie Verzicht an. Und als ich wusste, wo ich was ohne Verpackung einkaufen konnte, war es eigentlich ganz leicht. Inzwischen – nach vier Jahren – geht es wie von allein.
Was ist das Problem von Plastik?
Plastik wird aus Erdöl hergestellt. Das wird uns nicht unendlich zur Verfügung stehen. Doch damit aus Erdöl eine Verpackungsfolie wird, benötigt man gewisse Zusatzstoffe. Die sind jedoch ungesund und gehen von der Packung auf die Lebensmittel über. Wir essen sie also mit und sie reichern sich in unserem Körper an. Das kann fatale Folgen haben. Ansonsten ist gar nicht das Plastik das Problem, sondern der Verbraucher. Wir gehen zu wenig achtsam damit um und produzieren einfach zu viel Müll. Billig, schnell und einfach – das ist es, was wir wollen. Der Rest ist uns egal.
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Die Produktionsmenge von Plastik steigt von Jahr zu Jahr? Ist das Problem noch nicht bei uns angekommen?
Wir schieben immer vor, dass wir zu wenig Zeit haben, um uns darüber Gedanken zu machen. Wir arbeiten viel, kaufen schnell ein und kochen nicht mehr richtig. Natürlich macht es uns der Handel auch schwer. Vieles ist ja nur in Plastik verpackt zu haben. Aber wir sollten wirklich umdenken. Es lohnt sich und macht auch Spaß. Ich habe heute mehr Zeit, weil ich nicht mehr so viel davon beim Einkaufen vertrödle. Haushalt und Einkauf sind nun viel besser geplant.
Was muss passieren, damit wir nicht als das Plastikzeitalter in die Geschichte eingehen?
Ich glaube, dafür ist es zu spät. Denn wir haben die Meere ja schon zugemüllt. 140 Millionen Tonnen Plastik befinden sich in den Ozeanen. Vögel bauen Nester aus Kunststoffmüll und über eine Million Tiere sterben jedes Jahr an gefressenem Plastik. Wir können die Uhren nicht zurückdrehen, aber wir können an unserem Konsum schrauben.
Was sind deine Tipps für Eltern mit Windelkindern, die weniger Plastik verwenden wollen? Wie habt ihr das gemacht?
Ich musste meine Tochter, die 2013 geboren wurde, recht früh betreuen lassen, weil ich keine Elternzeit nehmen konnte. Ich habe Einwegwindeln aus Maisstärke und Baumwolle gekauft. Die wurden zwar auch verbrannt, bestanden aber nicht aus Erdöl, sondern pflanzlichem Kunststoff. Zusätzlich verwendeten wir waschbare Höschenwindeln. Die sind toll und es ist weit weniger eklig, als man annimmt.
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Wer mit der Plastikvermeidung anfangen will, was sind die ersten Schritte? Wichtige Tipps und Hinweise?
Ich würde in der Küche anfangen. Lebensmittel braucht man nämlich schneller auf als Duschgel-Vorräte. Man kann ganz leicht von Plastik aus Glas umsteigen, etwa bei Milch, Joghurt und Getränken. Wer seine Dose mit an die Wurst- und Käsetheke nimmt, spart viele Verpackungen und Obst und Gemüse muss man auch nicht eingeschweißt kaufen. Auch da hat man die Wahl. Schritt zwei: Seife am Stück statt Duschgel. Das spart nicht nur die Plastikflasche, sondern auch ganz viel Plastik, das im Duschgel selbst steckt.
Wo kann ich zum Thema mehr erfahren?
Meine beiden Bücher liefern viele Tipps und Rezepte um dem Plastikwahn zu entkommen. Und auch auf meinem Blog kann man schon sehr viel nachlesen. Da erfährt man auch, wie man Feuchttücher für Babys Po selbst herstellen kann.
Liebe Frau Schubert, vielen lieben Dank für deine Zeit und das tolle und informative Interview. Wir wünschen dir viele weitere Jahre plastikfrei 🙂
Wer noch mehr über plastikfrei erfahren will, findet hier weiteres Lesematerial und Informationen zum Thema:
- Artikel und Informationen auf Frau Schuberts Blog Besser Leben ohne Plastik.
- In ihrem Buch mit Anneliese Bunk “Besser leben ohne Plastik” zeigen die Autoren, wie es plastikfrei geht. Das Buch ist zum Beispiel bei Thalia erhältlich.
- Nadine Schuberts neustes Buch “Noch besser leben ohne Plastik” ist erst kürzlich erschienen und gibt es bei Thalia oder bei Amazon.